Liebe Gemeindemitglieder,
eigentlich war ich im Kopf damit beschäftigt, wann und wie wir in unseren Gemeinden mit den Gottesdiensten wieder beginnen können. Eine christliche Gemeinde braucht die Eucharistie. Ist es die Gewohnheit, die mich das sagen läßt? Ich hoffe nicht!?
Und dann platzen Bilder herein, die die Erstürmung des Kapitols in Washington zeigen. Chaos im Herzen der amerikanischen Demokratie. Ein gewaltiger Mob aus Trump-Anhängern kennt keinen Anstand und keine Grenzen mehr. Meine Wut im Bauch auf Donald Trump ist groß. Die Geister, die er rief, wird er nicht mehr los. Die Geister sind keine Außerirdischen. Es sind Amerikaner, es sind Menschen, die ein Recht darauf haben, ihre Meinung zu sagen und Donald Trump gut zu finden. Aber haben sie auch ein Recht darauf, sich so zu verhalten? Es ist erschreckend, in welch kurzer Zeit in Amerika eine Bewegung entstanden ist, die anscheinend vor nichts mehr zurückschreckt.
Stärke sollte demonstriert werden und so wurde auch wohl gerufen: „Wir kommen wieder!“. Schwäche wurde demonstriert.
Ein freiheitlicher demokratischer Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann, so hat es der deutsche Verfassungsrechtler Ernst-Wolfgang Böckenförde gesagt. Die Demokratie ist auf jeden Einzelnen angewiesen, auf sein Gewissen, seine Charakterfestigkeit und sein Verantwortungsgefühl.
Man kann schon Donald Trump verantwortlich machen. Aber ich frage mich auch, was in den Köpfen derer vorgeht, die keine Grenzen mehr kennen.
Als Kirche sollten wir uns darum nicht zurückziehen, wenn es um die Schärfung des Gewissen geht, um die ethischen Urteilsbildung und die Förderung eines politischen Ethos. Vor allem sollten wir alle ins Gebet nehmen.
Gebet:
Lasst uns Gott anrufen und um seinen Frieden bitten:
dass die Völker sich immer wieder aufmachen und suchen, was dem Frieden dient,
dass wir in aller Gewalt und allem Schrecken dieser Zeit den Ruf Jesu, seine Feinde zu lieben, nur noch ernsthafter hören und seine Stimme unser Herz erreicht,
damit wir zu Werkzeugen seines Friedens werden, in Gemeinde, Stadt und Land,
dass Wahrheit und Barmherzigkeit in die Köpfe und die Worte einkehren,
die gewechselt werden in Ministerrunden und an Stammtischen;
Lasst uns Gott anrufen und um seinen Frieden bitten:
Für alle, die in diesen Monaten Menschen durch Gewalt und Unrecht verloren haben,
dass wir die Gewissheit haben, dass Gott uns Menschen wie eine Mutter tröstet,
dass wir selbst uns aufmachen zu denen, die voller Angst und Schrecken sind,
dass Gott unsere Herzen, Mund und Hände bereit macht,
zerbrochene Gemüter zu heilen und den Glauben Jesu
an einen barmherzigen Gott und Vater aller zu bezeugen;
Lasst uns Gott anrufen und um seinen Frieden bitten:
Für alle, die durch die Entwicklungen der letzten Zeit in die Arme von
Menschen laufen,
die alles nur schwarz-weiß sehen und dabei Recht und Gerechtigkeit verachten,
dass sie und wir alle der Versuchung widerstehen, in den einfachen Parolen Lösungen zu sehen,
die uns nur weiter entfernen vom Frieden, unserem kostbarsten Gut,
damit bei aller Unvollkommenheit des Rechtsstaates und der Demokratie
uns die Freiheit der Gedanken und der Rede erhalten bleibt.
Lasst uns Gott anrufen und um seinen Frieden bitten:
dass die Menschenrechte Recht bleiben für alle und überall und niemand sie ungestraft verletzt;
dass alle, die sich tiefe Sorgen um die Zukunft machen,
um die eigene oder die der Kinder und Kindeskinder,
den auferstandenen Christus vor Augen haben mögen,
als Zeichen neuen Lebens und einer Zukunft,
in der alle miteinander am Tisch sitzen
wenn Gott das Reich des Friedens errichtet.
Gebet siehe: www.brot-fuer-die-welt.de/gemeinden/fuerbitte/2016-gebet-fuer-eine-welt-in-angst-1/
Ich wünsche Euch und Ihnen einen guten Tag!
Ihr Pastor Ferdinand Hempelmann