Osteraugen
Ich wünsche uns Osteraugen, die
im Tod bis zum Leben,
in der Schuld bis zur Vergebung,
in der Trennung bis zur Einheit,
in den Wunden bis zur Herrlichkeit,
im Menschen bis zu Gott,
in Gott bis zum Menschen,
im Ich bis zum Du
zu sehen vermögen.
Bischof Klaus Hemmerle
Liebe Gemeindemitglieder,
das ist die Botschaft des Tages:
+ Aus dem heiligen Evangelium nach Johannes (20,1-9)
Am ersten Tag der Woche kam Maria von Magdala frühmorgens, als es noch dunkel war, zum Grab und sah, dass der Stein vom Grab weggenommen war.
Da lief sie schnell zu Simon Petrus und dem Jünger, den Jesus liebte, und sagte zu ihnen: Man hat den Herrn aus dem Grab weggenommen, und wir wissen nicht, wohin man ihn gelegt hat.
Da gingen Petrus und der andere Jünger hinaus und kamen zum Grab;
sie liefen beide zusammen dorthin, aber weil der andere Jünger schneller war als Petrus, kam er als Erster ans Grab.
Er beugte sich vor und sah die Leinenbinden liegen, ging aber nicht hinein.
Da kam auch Simon Petrus, der ihm gefolgt war, und ging in das Grab hinein. Er sah die Leinenbinden liegen
und das Schweißtuch, das auf dem Kopf Jesu gelegen hatte; es lag aber nicht bei den Leinenbinden, sondern zusammengebunden daneben an einer besonderen Stelle.
Da ging auch der andere Jünger, der zuerst an das Grab gekommen war, hinein; er sah und glaubte.
Denn sie wussten noch nicht aus der Schrift, dass er von den Toten auferstehen musste.Liebe Gemeindemitglieder,
„Er sah und glaubte.“
Nicht alle, die zum Glauben an Jesus gekommen sind, haben ihn gesehen.
Glaube kommt vor allem vom Hören der Botschaft derer, die Jesus gesehen haben, die Zeugen des Auferstandenen und deshalb der Auferstehung waren.
Darum ist das Zeugnis der Apostel der Grund unseres Glaubens. Und das ist auch der Grund, warum die Kirche die Apostolische Kirche ist. Und darum gibt es in jeder katholischen Kirche auch 12 Apostelleuchter. Unser Glaube lebt bis heute davon.
Zu Thomas, der beim ersten Erscheinen Jesu im Kreis seiner Jünger nicht dabei war, sagt Jesus: „Du glaubst, weil du gesehen hast. Selig die nicht sehen und doch glauben.“
Wir sind in dieser Situation. Wir glauben, ohne gesehen zu haben. Dennoch ist der Glaube nicht blind und unbegründet. Er stützt sich auf das Sehen und das Wort derer, die Zeugen der Auferstehung waren. Sie haben ihr Glaubenszeugnis mit ihrem Leben und Sterben besiegelt.
Ist das ein gutes Fundament?
Ich denke schon. Denn unser ganzes Wissen von vergangener Geschichte kommt auch nicht vom Sehen, sondern beruht auf dem verlässlichen Zeugnis derer, die Zeugen waren.
Alles im Leben ist abhängig davon, dass wir uns auf das Wort des anderen verlassen können.
Bis heute können wir uns auf das Wort der Apostel verlassen. Bis heute können wir uns auf das Wort des Paulus und die Evangelien verlassen. Und wir können uns auf das Wort derer verlassen, die in der Geschichte der Kirche Zeugnis gegeben haben wie ein Franz von Assisi oder Maximilian Kolbe oder unsere Väter und Mütter oder andere Weggefährten.
Darum ist es wichtig, dass wir das Evangelium und die Briefe des Apostel Paulus lesen, zu Hause und in den Kirchen. Gott macht sich hörbar durch das Wort derer, die ein Zeugnis von ihm gegeben haben, allen voran Jesus Christus.
Gott lädt ein, ihm zu glauben, damit wir:im Tod bis zum Leben,
in der Schuld bis zur Vergebung,
in der Trennung bis zur Einheit,
in den Wunden bis zur Herrlichkeit,
im Menschen bis zu Gott,
in Gott bis zum Menschen,
im Ich bis zum Du
sehen.
Durch dieses glaubende Sehen wächst das Vertrauen, dass Gott da ist. Durch dieses glaubende Sehen sieht der Mensch die Welt mit anderen Augen – eben mit Osteraugen.
Ich wünsche allen besonders in dieser ungewöhnlichen und nicht einfachen Zeit den Mut zum Glauben, Osteraugen, die mehr sehen und Osterohren, die die frohe Botschaft vernehmen:
Christ ist erstanden. Ja, er ist wahrhaft auferstanden!
Frohe und gesegnete Ostern Ihnen und Euch allen!
Ihr Pastor Ferdinand Hempelmann