AUS DER TAGESLESUNG
Jesus betete: Vater, ich will, dass alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, weil du mich schon geliebt hast vor der Erschaffung der Welt.
Joh 17,24
IMPULS
von Schwester Nadya Ruzhina OSB
Jesus betet zu seinem Vater – für uns Menschen. Zum einen staune ich über die vertrauensvolle und liebevolle Beziehung zwischen Vater und Sohn. Und ich staune darüber, dass Jesus sich so um uns – um mich – sorgt.
Vielleicht können manche von uns dankbar oder sogar stolz auf ihre Eltern zurückblicken. Wir wissen aber auch, dass es andere Realitäten in unsere Welt gibt. Wir wissen von unseren menschlichen Schwächen und dass mancher Vater oder manche Mutter viele Wunden verursacht haben.
So ist es im Leben von Neli. Sie lebte in Sofia, im Roma-Viertel und war 13 Jahre alt, als ihr Vater sie gegen ihren Willen für eine beträchtliche Summe Geld zwangsverheiratet hat. Dann wurde sie von ihrer Schwiegermutter, die für sie bezahlt hatte, in der „Kunst des Stehlens“ unterwiesen und gezwungen, in verschiedenen Ländern Europas zu „arbeiten“. Eines Tages gelang es ihr, in ein Frauenhaus zu entkommen. Sie sagt, dass sie niemals verstehen werde, wieso ihr eigener Vater sie nicht beschützt, sondern verkauft hat. Leider ist Neli kein Einzelfall. Menschenhandel ist in Europa eine Wirklichkeit, vor der wir leider gerne die Augen verschließen.
Umso wichtiger ist, dass wir Christen für die Wahrung der Würde eines jeden Menschen einstehen. Dankbar dürfen wir sein für Menschen – auch für Partner von Renovabis – die sich durch verschiedene Projekte wie zum Beispiel Frauenhäuser gegen Menschenhandel und für ein menschenwürdiges Leben einsetzen. Denn Menschen wie Neli sollen die Erfahrung machen können, bedingungslos angenommen, respektiert und geliebt zu sein. Ob sie in unserer Zuwendung Gottes liebende Annahme erkennen können, steht nicht in unserer Macht. Doch unser Zugehen auf sie sollte von der Haltung und Erfahrung des eigenen Geliebtseins von Gott geprägt sein.
FRAGEN ZUM NACHDENKEN - Gab es Momente in meinem Leben, wo ich bedingungslose Liebe erfahren habe? Auch von Gott?
- Wo wartet vielleicht heute jemand auf ein Zeichen meiner Liebe und Zuwendung?
GEBET
Gott, du schufst jeden Menschen
als dein Bild und Gleichnis.
Doch aus unterschiedlichsten Gründen
gehen wir Menschen
nicht gut miteinander um.
Möge dein Heiliger Geist
unsere Herzen öffnen und uns lehren,
jedes Menschenleben zu achten.
Schenke uns den Mut und die Kraft,
mit unserem Leben
Zeuginnen und Zeugen
deiner bedingungslosen Liebe zu sein.
Amen.