Liebe Gemeindemitglieder,
Johannes vom Kreuz erlebte das Gehen und Glauben auf dieser Erde oft wie eine lange Nacht. Fast 500 Jahre liegen zwischen uns. Aber dennoch ist er mir mit seinen Erfahrungen sehr nah.
Der Durst ist das Licht in der Dunkelheit.
Wenn ich mitten in der Nacht aufwache und Durst habe, führt mich der Durst zum Wasserhahn in die Küche – manchmal sogar im Dunkeln, weil ich im Haus nicht das große Licht anmachen möchte (was natürlich unvernünftig ist!). Aber der Durst führt mich.
Der Durst führt auch jetzt dazu, in dieser Situation nicht stehen zu bleiben, nichts zu tun oder zu erstarren, sondern zu Hause eine Glaubens-Praxis zu leben, die das Finden zur Quelle ermöglicht.
„Wenn abends die Glocken läuten, machen wir eine Kerze an! Und wir haben wieder eingeführt vor dem Essen zu beten“, schreibt jemand von denen, die mir auf die Frage von Montag geantwortet haben.
Eine andere Person schreibt:
„Ich gehe jeden Abend um 19.30 Uhr auf die Terrasse und höre dem Glockengeläut von St. Georg, St. Pankratius und den Glocken von der St. Michaelskapelle zu. Das stimmt mich dann doch wieder hoffnungsvoll und ich freue mich bereits schon jetzt darauf, wenn uns die Glocken wieder zum gemeinsamen Gottesdienst einladen!“
Jemand beantwortet die Frage so:
„Ich vermisse das Gefühl, das, was viele Menschen gleich fühlen und Glauben und darum sonntags zur Kirche gehen. Ein Osterfest, ab Palmsonntag über Gründonnerstag, Karfreitag, Karsamstag, Osternachtliturgie ist für mich nicht richtig vorstellbar. Die viele Zeit allein ist schwer.“
„Nun, da kann man sich ja das Fernsehen anstellen“, schreibt wieder jemand, „und einen Gottesdienst mit Andacht mitfeiern! Ja, das kann man und das mache ich zurzeit auch so, aber das ist doch nicht das gleiche! Ja, ich kann mitbeten und auch mitsingen, aber die Kommunion bekomme ich nicht. Das Persönliche fehlt … kein gemeinsames Beten, Singen und Kommunizieren, alles fehlt! Und nach dem Gottesdienst, das Gespräch mit den anderen Kirchenbesuchern, gibt es nicht! Die Gemeinschaft bleibt voll auf der Strecke und das nun schon den 3. Sonntag.“
Für viele hat Glaube mit Gemeinschaft und dem Gemeinschaftsgefühl zu tun. Jetzt erfahren wir allerdings, wie Glaube auch allein möglich sein muss. Nun werden wir mit uns selbst bekannt gemacht und mit dem, was wir allein vermögen.
Ich glaube, dass das eine wichtige Erfahrung auf dem Glaubensweg ist, auch wenn sie erzwungen wurde.
Wie gut, wenn ich meine Sehnsucht zulasse und spüre. Wo ersehne ich Erlösung für mich und diese Welt, wo vermisse ich Gott, wo werde ich mich hinauswagen aus alten Hamsterrädern und Ausschau halten auf Neues?
Wie gut, wenn zu Hause das Kirche sein neu entdeckt wird.
Wo „zwei oder drei versammelt sind“ in einem Haus, da ist nicht die ganze Gemeinde, aber zwei oder drei sind Kirche.
Ja, sogar eine einzelne Person ist Kirche.
Darum ist es mir als Alleinlebender z.B. wichtig, Bilder unseres Glaubens im persönlichen Bereich des Hauses zu haben und auch allein den Glauben zu praktizieren, indem ich bete, im Evangelium lese, mit Blumen das Kreuz oder das Bild der Muttergottes schmücke.
Hausaltäre oder Herrgottswinkel gab es schon immer und hatten einen besonderen Stellenwert. Bei uns im elterlichen Haus gab es sogar Weihwasserbecken in den Schlafzimmern. Schön finde ich die Praxis, diese an der Haustür zu haben. Ich gehe und kehre zurück mit dem Zeichen des Getauftseins.
Gerade der persönlich gelebte Glaube wird in Zukunft einen höheren Stellenwert haben müssen als die Institution Kirche. Nur so kann es auch gelingen, ihn weiter zu tragen in kommende Generationen.
Das Verlangen, sich als Gemeinde zu versammeln, bleibt wach. Es wird meiner Meinung nach sogar verstärkt. Wenn die jetzigen Einschränkungen von manchen auch als sehr extrem empfunden werden, so ist jetzt die Chance mehr denn je, den Glauben zu verlebendigen. Der Durst nach Gemeinschaft wird dabei nicht versiegen. Er wird weiter das Licht sein, damit wir zusammenfinden.
Eine weitere Antwort möchte ich noch anschließen:
„Klar vermisse ich das Treffen mit meinen Eltern, meiner Schwester und meinen Freunden, deren Nähe und Umarmungen!
Vielleicht vermisse ich aufgrund meiner Einstellung aber nicht so viel: ich bin glücklich mit dem was ich habe, ich mache mit meinen Kindern/meinem Mann das Beste aus der momentanen Situation (es könnte schlimmer sein - z.B. Krieg), ich versuche die beste Lösung für den jeweiligen Moment zu finden (wenn ich Menschen vermisse, rufe ich sie an und sag es ihnen, oder ich fahre bei ihnen vorbei und sage aus dem Auto/von der anderen Straßenseite „hallo“....
Es ist eine noch nie dagewesene Situation für uns alle! Aber sie wird in einigen Wochen/Monaten vergehen! Das weiß ich!“
Gebet:
Herr, bleibe bei mir,
da die Dunkelheit
schon viel zu lange
in mir war.
Herr, bleibe bei mir
Und zeige mir
Deine Gnade.
Herr, bleibe bei mir
In den Stunden des Leids
Sowie der Freude.
Herr, bleibe bei mir,
ich werde dein Licht
in meinem Herzen tragen
bis zu Ende
meiner Tage.
Herr, bleibe bei mir,
jetzt und jeden Tag
und in Ewigkeit
zu Ewigkeit. Amen. Werner Herzog
Eine der antwortenden Personen hat darum gebeten, an die zu denken, die es jetzt nicht so gut haben wie sie persönlich mit ihrer Familie:
„Ich denke in dieser Zeit auch besonders an die Menschen, die es nicht so gut haben wie wir, z.B. in kleinen Wohnungen leben, in der Stadt, mit kleinen oder behinderten Kindern keinen Spielplatz aufsuchen können, die Menschen in den Altenheimen und Krankenhäusern…
Es wäre schön, wenn Sie in einer der hl. Messen für folgende Menschen beten könnten:
- Für die Menschen in der Stadt mit wenig Platz ohne Balkon und Garten – für alleinstehende Menschen jeden Alters.
- Für die Menschen, die nun finanzielle Sorgen haben
- Für ältere Menschen, die zurzeit keine Tagespflege besuchen können und für die Menschen in Altersheimen, die keinen Besuch empfangen dürfen.
Danke!“
Beten wir mit einander und füreinander!
Ich wünsche Ihnen und Euch einen frohen Tag!
Ihr Pastor Ferdinand Hempelmann