Liebe Gemeindemitglieder,
das Hochgebet ist wie ein feierliches Tischgebet. Und darauf sollte eigentlich das Mahl folgen. Tut es aber nicht. Es folgen eine Reihe von Gebeten.
Das erinnert mich an ein Tischgebet in der Familie eines Freundes im süddeutschen Raum. Die Oma sprach nicht nur den Dank für das Essen und die Bitte um den Segen, sondern bat auch um Frieden in der Familie und in der Welt, um Brot für die Hungernden und um den ewigen Frieden für die Verstorbenen. Und dann schloss sich das Vater unser
an. Das hat mich damals sehr beeindruckt. Die ganze Welt mit ihren Freuden und Nöten war plötzlich zu Gast und auch die Verstorbenen waren am Tisch. Das Tischgebet zu Hause war viel kürzer.
Essen ist eben mehr als nur Nahrung aufnehmen.
Darum wartet man z.B. auch bei einem gemeinsamen Essen bis jeder von den Speisen genommen hat und fängt dann an. Das ist Ausdruck menschlicher Kultur. Bei einem Mahl geht es auch um Frieden und Freundschaft. All das findet seinen Niederschlag in der Heiligen Messe.
Bevor also der Empfang des Brotes geschieht, folgen einige Gebete: Vater unser, Friedensgebet und Friedensgruß, Gebet zum Brotbrechen (Lamm Gottes) und das Gebet vor dem Empfang: „Herr, ich bin nicht würdig…“
Das ist ganz schön viel und für viele, die sich nicht mehr auskennen in der hl. Messe, auch verwirrend.
Das Vater unser
bildet die Brücke zwischen Hochgebet und Kommuionteil.
Eine Brücke hat einen festen Platz an beiden Ufern.
Die Anrede des Vater unser
führt das Hochgebet – den Lobpreis weiter:
„Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.“
Mit der Bitte um das tägliche Brot sind wir hinübergegangen an das andere Ufer, um in diesem Bild zu bleiben:
„Unser tägliches Brot gibt uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von den Bösen.“
Der Heilige Augustinus deutet die Vergebungsbitte als das Waschen des Gesichtes bevor man nach vorne zum Altar tritt.
Ich finde diesen Gedanken sehr ansprechend. Hände waschen ist gerade in diesen Zeiten sehr wichtig. Mit reinen Händen essen ist mehr als nur eine Hygienemaßnahme. Das Gesicht waschen kann ebenso zur Hygiene beitragen. Vor allem aber hat es auch eine Wirkung auf meine Tischnachbarn. Wir schauen uns an beim Essen. Man führt Tischgespräche, man schaut sich ins Gesicht. Wieder wird deutlich, dass Essen mehr ist als Nahrungsaufnahme. Es geht um Communio = Gemeinschaft.
Darum folgt auf das
Vater unser
der Friedensgruß. Hier kommt zum Tragen, dass wir einander annehmen müssen, wenn wir in der Kommunion mit Christus und untereinander eins werden wollen.
Die hl. Kommunion ist nie etwas für mich ganz allein. Wer zur Kommunion geht, sucht die Gemeinschaft. Wer aber wirklich die Gemeinschaft sucht, weiß auch um das, was die Gemeinschaft stört oder sogar zerstört.
Man muss sich beim Friedensgruß nicht um den Hals fallen, auch müssen nicht viele Hände geschüttelt werden. Es genügt, dass man sich dem „Tischnachbarn“ zuwendet und ihn anschaut. (In Zukunft können wir das gerne so einführen. Auch nach Corona kann das hygienischer sein.)
In der Benediktiner-Abtei Münsterschwarzach bei Würzburg habe ich gesehen, dass alle Mönche beim Vater unser
die Arme ausbreiten, wie der Priester das tut. Das ist nicht jedermanns Sache. Gebärden flößt manchen Angst ein. Dennoch können sie eine Kraft entfalten, die dem Gottesdienst eine ungeahnte Dichte und Tiefe geben.
Das Vater unser
macht deutlich, dass wir die Erlösung vom Bösen, also von allem, was unser Leben zerstört, nicht aus eigener Kraft besiegen können. Die Bitte „Führe uns nicht in Versuchung“ ist ein Eingeständnis. Die geöffneten Arme ebenso. Wir ergeben uns und lassen uns führen.
Ich glaube, das macht den Menschen frei, wenn er sich führen lässt von Gott.
Das wünsche ich Ihnen und Euch und damit auch einen frohen Tag!
Ihr Pastor Ferdinand Hempelmann
Freiheit der Kinder Gottes
Du machst mich frei von kranker Religion,
Von Angst und Menschenfurcht.
Du machst mich frei von meiner Illusion,
Von meiner Lebensflucht.
Du machst mich frei zu staunen, wie ein Kind,
Das aus Vertrauen lebt.
Du machst mich frei zu tanzen, wie der Wind,
Von Deinem Geist bewegt.
Das ist die Freiheit der Kinder Gottes.
Das ist die Freiheit, die Du uns gibst.
Das ist die Freiheit der Kinder Gottes.
So ist die Freiheit, weil Du uns liebst.
Du machst mich frei Versagen zu bestehen,
Zu weinen, wenn es schmerzt.
Du machst mich frei meine Fehler einzusehen,
Zu lachen über mich selbst.
Du machst mich frei zu tun, was man mir sagt
Auch wenn's andren nicht gefällt.
Du machst mich frei von dem, der mich verklagt,
Vom Urteil dieser Welt.
Das ist die Freiheit der Kinder Gottes.
Das ist die Freiheit, die Du uns gibst.
Das ist die Freiheit der Kinder Gottes.
So ist die Freiheit, weil Du uns liebst.
Du lässt uns Freiheit selbst zu entscheiden.
Tod oder Leben, Fluch oder Segen.
Du lässt uns die Freiheit selbst Dich zu meiden,
Doch Deine Liebe kommt uns entgegen.
Das ist die Freiheit der Kinder Gottes.
Das ist die Freiheit, die Du uns gibst.
Das ist die Freiheit der Kinder Gottes.
So ist die Freiheit, weil Du uns liebst.