Liebe Gemeindemitglieder,
die einzelnen Punkte der hl. Messe sind inhaltsreich.
Wir fangen mit dem Kreuzzeichen an, denn der Dreieinige Gott umgibt uns. Das Kleeblatt des hl. Patrick ist ein schönes Bild. In allem ist Gott, auch in einem kleinen Kleeblatt.
Wir sprechen uns zu, dass Gott mit uns ist und wir unter seiner Hand gehen. Wir löschen den Geist nicht aus, der in uns lebt und immer neu zum Leben erweckt.
Wir bekennen unsere Unzulänglichkeit. Und in der Tat gibt es vieles, was krank ist, nicht nur jetzt durch das Coronavirus. Sich bewusst zu machen, dass die Unterlassung des Guten genauso schwer wiegen kann wie eine böse Tat, gibt mir zu denken.
Aber wir vertrauen Christus, der der Herr ist, der Kyrios, in dem sich das Erbarmen Gottes zeigt. Er ist das menschliche Angesicht Gottes. Wenn Gott sich also so menschlich zeigt, dürfen wir da nicht hoffen und Zuversicht haben?
Zu Beginn der hl. Messe Kyrie eleison
rufen heißt, auf den zu schauen, der meinem Leben einen Sinn gibt, der nicht auf mich herabschaut, sondern mir dienen möchte, indem er mir die Füße wäscht. Was für ein Herrscher! Das berührt mich zutiefst.
Allein über diese Punkte kann man immer wieder nachsinnen, sie widerkäuen wie die Kuh das Gras, um es richtig zu verdauen. Es ist ein Gewinn.
Und das lässt mich einstimmen in das Gloria. Es wird an Sonntagen und Hochfesten gesungen, allerdings nicht als zusätzliches Lied. Sondern der richtige Text des Gloria macht deutlich, dass der Lobpreis des Kyrie-Rufes weiter geht. Gott loben, Gott danken und mit ihm seinen Sohn preisen, ist die Antwort der versammelten Gemeinde auf das Dasein Gottes in Jesus.
In Jesus ist Gott da.
Auch wenn man sich im kleinen Kreis zu Hause im Namen Jesu versammelt – ganz nach dem Wort Jesu „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind …“, Gott ist gegenwärtig.
Wir können an Mose denken, der staunend vor dem brennenden Dornbusch steht und Gott ihm seinen Namen offenbart: „Ich bin, der ich sein werde“. Aus Ehrfurcht zieht er seine Schuhe aus und wirft sich nieder.
Der Theologe Erich Zenger hat die Bedeutung des Namens Gottes „Ich bin, der ich sein werde“ sehr gut beschrieben. Er lässt Gott folgendermaßen sprechen:
• Zuverlässigkeit:
„Ich bin so bei euch da, dass ihr fest mit mir rechnen könnt. Wenn ihr auch wandelt im Tale des Todes, ihr dürft darauf bauen, dass ich da bin. Wenn ihr auch zweifelnd, schreiend oder stumm geworden von mir weglauft, ihr dürft wissen: Ich bin bei euch da, selbst wenn ihr mich nicht mehr erkennt.“
• Unverfügbarkeit:
„Ich bin so bei euch da, dass ihr mit mir rechnen müsst, wann und wie ich will – vielleicht auch dann und so, wie es euch sogar stört. Es mag durchaus Situationen und Stationen eures Lebensweges geben, wo ihr euch nicht gerade gerne daran erinnern lasst, dass ich bei euch da sein will, oder wo ihr lieber einen anderen Gott hättet.“
• Ausschließlichkeit:
„Ich bin so bei euch da, dass ihr allein mit mir rechnet als dem, der euch rettend nahe sein kann. Mit mir zu rechnen verlangt von euch die klare Entscheidung, damit Ernst zu machen, dass ich für euch der Einzige bin, der euch Halt und Maß geben darf. Nur in mir könnt und dürft ihr der wahren Liebe, der wahren Güte und dem wahren Leben begegnen.“
• Unbegrenztheit:
„Ich bin so bei euch da, dass mein Nahe-Sein keine örtlichen, institutionellen und zeitlichen Grenzen kennt. Wenn ich bei euch da bin, schließt das nicht aus, dass ich sogar bei euren Feinden da sein kann. Ja, mein rettendes Nahe-sein übersteigt die Erde, auf der ihr lebt und die ihr so oft zum Mittelpunkt eures Lebens macht. Sogar der Tod ist für mich keine Grenze, die meiner Lebenskraft Schranken setzen könnte.“
Der hl. Ignatius Loyola, der Begründer des Jesuitenordens, hat sich ein Lebensmotto erwählt:
„Alles zur größeren Ehre Gottes“.
Gott die Ehre geben heißt, ihm für sein Dasein danken, nicht über ihn verfügen wollen, sondern sich ganz ihm überlassen.
Gott die Ehre geben heißt, das ehren, was auch Gott lieb und teuer ist:
das Kleine und Einfache,
das Zarte und Gebrechliche,
den Menschen in seiner wahren Menschlichkeit,
die Ärmsten,
die Kranken,
die Notleidenden.
Wo sich Menschen für andere einsetzen,
geben sie Gott die Ehre,
Wo die Schöpfung geachtet und mit ihr verantwortungsvoll umgegangen wird,
geben wir Gott die Ehre.
Wenn wir gerecht sind,
geben wir Gott die Ehre.
Wenn wir wahrhaftig sind,
geben wir Gott die Ehre.
Wenn wir lieben,
geben wir Gott die Ehre.
Am ersten Tag der Woche, am Sonntag, geben wir Gott die Ehre, der in Jesus unter uns ist:
Ehre sei Gott in der Höhe
und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade.
Wir loben Dich, wir preisen Dich,
wir beten Dich an, wir rühmen Dich und danken Dir,
denn groß ist Deine Herrlichkeit:
Herr und Gott, König des Himmels,
Gott und Vater, Herrscher über das All,
Herr, eingeborener Sohn, Jesus Christus.
Herr und Gott, Lamm Gottes, Sohn des Vaters,
Du nimmst hinweg die Sünden der Welt: Erbarme Dich unser;
Du nimmst hinweg die Sünden der Welt: Nimm an unser Gebet;
Du sitzest zur Rechten des Vaters: Erbarme Dich unser.
Denn Du allein bist der Heilige,
Du allein der Herr,
Du allein der Höchste: Jesus Christus,
mit dem Heiligen Geist, zur Ehre Gottes des Vaters.
Amen.
Dieser Text ist das eigentliche Gloriagebet und z.B. vertont in dem Lied: Gotteslob Nr. 169. Andere Lieder verkürzen leider diesen Lobpreis.
„Wer Gott liebt, hat keine Religion außer Gott.“
– Dieses Wort stammt vom arabischen Dichter Rumi.
Dag Hammarskjöld, der ehemalige Generalsekretär der Vereinten Nationen, der 1961 durch einen mysteriösen Flugzeugabsturz ums Leben kam, hat es in sein Tagebuch notiert. Wie Hammarskjöld dachten und denken – Gott sei Dank – viele Menschen und versuchen unsere Welt ein Stück weiter zu bringen in Richtung Verständigung und Frieden. Manche bezahlen mit ihrem Leben dafür.
Dag Hammarskjöld gab trotz aller Rückschläge nicht auf. Er hatte die Erfahrung gemacht: „Wer sich Gottes Hand überlassen hat, der steht den Menschen frei gegenüber (...). Und er mahnte sich selbst, „dieses einzig Bleibende“ nicht zu vergessen: Das ‚Unerhörte‘ - in Gottes Hand zu sein.“
Das Gloria zu singen bedeutet für mich dieses eine „Unerhörte“ nicht zu vergessen: in Gottes Hand zu sein und mit meinem Leben zum Vorschein zu bringen, wozu ich gerufen bin:
„Alles zur größeren Ehre Gottes!“
Ich wünsche Ihnen und Euch einen frohen Tag!
Ihr Pastor Ferdinand Hempelmann